Ein Denkmal in Wien mit Anregungen für das Heute
Das Denkmal steht in Wien an zentraler Stelle nahe der Hofburg, dem österreichischen Regierungsitz. Es erinnert an die von der nationalsozialistischen Militärjustiz im Zweiten Weltkrieg verhängten über 30.000 Todesurteile: gegen Soldaten, Kriegsgefangene und ZivilistInnen, insbesondere aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten in ganz Europa.
Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“ als Hauptbetroffene
Die meisten Todesurteile wurden gegen Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“ verhängt. Weitere Soldaten starben nach kriegsgerichtlichen Urteilen in „Bewährungseinheiten“ an der Front.
Die bestraften Handlungen, Lebenswege und Biografien der Verfolgten sind sehr unterschiedlich: politische GegnerInnen des Systems und solche, die unterschiedlich motiviert individuelle Freiräume suchten. Die Unterstützung von Deserteuren oder andere, galten als politische Delikte und wurden auf das Härteste bestraft.
Statt Anerkennung Verachtung und Ächtung
Ähnlich wie in Deutschland schlugen den Verfolgten nach dem Kriegsende Ablehnung und Feindschaft entgegen. Der Dienst in der „Großdeutschen“ Wehrmacht galt als Pflichterfüllung oder gar als heldenhaft. Die Militärjustiz hatte sich bedingungslos in den Dienst eines verbrecherischen Krieges gestellt. Erst 2009 rehabilitierte der Nationalrat die Opfer der Verfolgung und 2010 beschloss die Stadt Wien die Errichtung des Denkmals.
Das von Olaf Nicolai gestaltete Denkmal ist ungewöhnlich und könnte ohne gut zwei Meter hohe schwarze Tafel leicht übersehen werden. Es hat die Gestalt eines liegenden „X“ und die in drei Schichten stufenartig übereinander liegen. Nur wer sich die Mühe macht auf die oberste Ebene zu erklimmen erkennt, dass darauf x-förmig angeordnet mehrfach die Worte „all“ stehen und im Zentrum das Wort „alone“. Sie verdeutlichen das Spannungsverhältnis, mit dem das Individuum im Zentrum der gesellschaftlichen Ordnungs- und Machtverhältnissen steht. Bewusst wird das „X“ , als Symbol für Anonymisierung und Auslöschung verwendet.
Die Skulptur erweist jenen Respekt, die eine eigene Entscheidung treffen und sich durch ihr Handeln gegen das geltende System stellen.
Verfolgte kommen zu Wort
Auf der anderen Seite der schwarzen Granittafel werden die Motive von einzelnen Verfolgten zitiert.
„Wer desertiert ist, sollte heute als Held betrachtet werden und nicht als Feigling.“ anoym
„Ich bin kein Soldat. Ich wollte überleben.“ Albert Patek, Deserteur
„Ganz sicher würde ich heute wieder so tun. Ich bin einer, ich muss die Freiheit haben.“ Karl Keri, Deserteur
Es ist den Geschwistern Lucia und Fabian Hämmerle zu verdanken, dass wir von Menschen erfahren haben, die sich bewusst gegen das Töten und die Kriegsmaschinerie gestellt haben. Es macht bewusst, dass Kriegsdienstverweigerung und Desertieren tödlich sein können, aber eine wichtige Form des Widerstands gegen den Krieg sein können. Es wäre gut öffentlich immer wieder deutlich zu machen, dass Krieg und Töten die Sackgasse und Kriegsdienstverweigerung und Desertion ein Ausweg sein können.

