Informationsveranstaltung im DGB-Haus Mannheim aus Anlass des Antikriegstags 2020
Auf Einladung von DGB und Friedensplenum Mannheim hielt Regina Hagen am 9.9.2020 einen sehr informativen Vortrag
Bevor Regina Hagen Zahlen zu A-Waffen nannte, erinnerte sie in ihrem informativen Vortrag, daran, dass der Atomare Nichtverbreitungsvertrag vor 50 Jahren in Kraft getreten sei. Das renommierte Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI veröffentlicht seit Jahrzehnten seine Rechercheergebnisse über die weltweiten Rüstungsaktivitäten und nennt die Zahlen der Atomsprengköpfe, die die Atommächte besitzen. Laut SIPRI gab es Anfang 2020 weltweit 13.400 A-Bomben, wovon mehr als 90 Prozent von USA und Russland produziert wurden. Das sei immer noch eine viel zu große Menge, so Hagen, aber deutlich weniger als die einstmals vorhandenen 60.000 Sprengköpfe.
Echte Abrüstung durch den Mittelstreckenvertrag INF
Eine wichtige Ursache für diesen Rückgang ist der INF-Vertrag über die Reduzierung von A-Bomben und Trägerraketen, den die USA und die Sowjetunion unter Reagan und Gorbatschow 1987 unterzeichnet haben. Dieser echte Abrüstungsvertrag, der den Abzug von Pershing-und SS-20-Atomraketen aus Deutschland ermöglichte; wurde 2018 von Präsident Trump aufgekündigt und danach von Präsident Putin. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, gegen den Vertrag verstoßen zu haben.
Hagen nannte weitere Verträge, die einseitig von Trump aufgekündigt wurden, sodass jetzt nur noch das 2009 vom US-Präsident und vom russischen Präsident abgeschlossene New-Start-Abkommen übrig ist. Dadurch wurde die Zahl der strategischen A-Waffen begrenzt, es läuft aber nächstes Jahr aus, wenn es nicht erneuert wird.
Alle Atommächte unternehmen enormen Anstrengungen, um ihre nuklearen Sprengköpfe und Trägerraketen quantitativ und qualitativ aufzurüsten, was sie verharmlosend Modernisierung nennen. Sowohl Russland als auch die USA geben dafür gigantische finanzielle Mittel aus, die sich für die USA auf unvorstellbare 1.800 Milliarden US-Dollar summieren. Hagen erwähnte, dass Russland beispielsweise Überschallraketen und Unterwasserdrohnen entwickle und Präsident Putin im Juni die Nukleardoktrin geändert habe. Russland werde ggf. auch als erster A-Waffen einsetzen, wenn es sich gegen einen massiven konventionellen Angriff nicht mehr konventionell verteidigen könne.
Gefährliche technologische und ideologische Entwicklungen
Eine weitere bedrohliche Entwicklung sei in den USA die Entwicklung von kleineren taktischen Atombomben, die eine geringere Sprengkraft als die Hiroshima-Bombe haben. Dadurch könnten sie besser auf den Trient-U-Booten der USA montiert werden und seien gut geeignet, militärische Konmandozentralen zu zerstören. Das verschaffe einen militärischen Vorteil und hebele gleichzeitig auch die nukleare Teilhabe aus.
Hagen kritisierte die Bundesregierung, die behaupte, mit der nuklearen Teilhabe (Bundeswehrpiloten üben mit Kampfflugzeugen, Atomwaffen ins Ziel zu befördern) habe sie einen Einfluss auf die atomaren Einsatzpläne und -entscheidungen. Diese Behauptung sei falsch wie der Jurist Bernd Hahnefeld von den Internationalen Jurist*innen gegen A-Waffen (IALANA) dargelegt habe. Sie verwies dabei auf den aufschlussreichen Artikel „Wie sich die Bundesregierung dem Völkerrecht widersetzt! Von Martin Singe der im „FriedenForum“ Nr. 5-2020 erschienen ist. Hagen erinnerte daran, dass der Internationale Gerichtshof nicht nur den Einsatz von A-Waffen als völkerrechtswidrig bewerte, sondern bereits die Androhung ihres Einsatzes.
Die von Saudi-Arabien seit Jahrzehnten betriebene Aufrüstung auch durch die von der Bundesregierung genehmigten Rüstungsexporte möglich. Es ist daher alarmierend, wenn Hagen darauf hinwies, dass Saudi-Arabien an der Atombombe arbeite und dabei von China und der USA unterstützt werde.
Der Atomwaffenverbotsvertrag – ein Lichtblick
Am 7.7. 2017 haben sich 124 Staaten in einer UNO-Konferenz getroffen und mit einer Mehrheit von 122 Stimmen den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beschlossen. 44 Staaten haben ihn bisher ratifiziert. Wenn ihn 50 Länder ratifiziert haben, ist er völkerrechtlich verbindlich. Dann wären A-Waffen wie bereits biologische und chemische Waffen geächtet. Der Einsatz von A-Waffen sowie Bau, Weitergabe, Besitz und Annahme von A-Waffen wären dann völkerrechtlich verboten.
Die Nato übe massiven Druck auf die Staaten aus, die den AVV angenommen haben, um sie von der Ratifizierung abzuhalten, so Hagen. Das sei zwar im Sinne der Nato-Doktrin konsequent, denn beim Nato-Gipfel am 3. und 4.12.2019 habe die Nato betont, dass die Nato ein nukleares Bündnis sei, solange es A-Waffen gebe. Politisch und finanziell sei die Nato-Sicht völlig inakzeptabel. Hagen plädierte dafür, sich für den AVV einzusetzen, ob mit (Blockade-)Aktionen am A-Waffen-Standort Büchel oder mit dem ICAN-Städteappell oder der ICAN-Erklärung für Abgeordnete.
ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons, Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen) ist ein internationales Bündnis von Nichtregierungsorganisationen das maßgeblich dazu beigetragen hat, dass der AWV beschlossen wurde. ICAN wurde dafür 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Dank des Engagements von DFG-VK und Friedensplenum hat der Mannheimer Gemeinderat den ICAN-Städteappell beschlossen und die MdL Elke Zimmer, Boris Weirauch und Stefan Fulst-Blei die ICAN-Erklärung. Die Mannheimer MdB Gökay Akbulut hat die Erklärung in Eigeninitiative bereits vor langem unterzeichnet.